Andacht zum Karfreitag – Pieta

Es ist vollbracht!

Es ist vollbracht! ruft Jesus. Danach neigte er das Haupt und verschied. (Johannes 19, 30)

Nach einem letzten Schrei ist Totenstille eingekehrt. Die römischen Soldaten ziehen ab. Die Schaulustigen sind nach Hause gegangen.

Die Familie und die Freunde Jesu erfüllen ihm einen letzten Dienst. sie nehmen den gekreuzigten Jesus vom Kreuz ab und bereiten ihn zur Bestattung vor. Seit dem 14. Jahrhundert hat christliche Frömmigkeit und Kunst eine Szene gestellt, die so in der Heiligen Schrift nicht vorkommt – die Pieta. Maria hält den geschunden Leib ihres Sohnes im Schoß und Arm.

Am Ende wird noch einmal die Liebe der Mutter zu ihrem Kind abgebildet. So wie sie bei der Geburt ihr Kind zärtlich und stolz in ihren Armen wiegt, so zärtlich hält sie am Ende ihren toten Sohn.

Wieviel Hoffnungen waren mit diesem Kind verbunden. Ein besonders Kind war er von Anfang an, der Engel, der seine Geburt ankündigte, die Geburt im Stall, ja sie hat es immer gewusst, geahnt, dass sein Weg ein besonderer sein würde. Und sie hat es befürchtet, dass es nicht gut ausgehen würde mit ihm. Zu Vielen ist er auf die Füße getreten, hat provoziert und schockiert, die Mächtigen gegen sich aufgebracht. Ja, sie selbst hat ihn so oft nicht verstanden. Und jetzt, dieser bittere Schmerz.

Immer schon haben Menschen im Bild der Mutter, die ihren toten Sohn in den Armen hält, Zuflucht gesucht. Haben sich zu ihr gedrängt in Angst vor Krieg, vor Hunger, vor Seuche, Menschen in unheilbarer Krankheit, Menschen  in Sorge um ihre missratenen Kinder, in der Hilflosigkeit gegenüber den Verstrickungen des menschlichen Herzens. Pieta – das Bild der Solidarität zwischen Maria und allen, die Leid tragen  in dieser Welt. Ein Ort, an dem ich weinen und klagen darf und mich der Tränen nicht schämen muss.

Sieger Köder gibt seiner Pieta eine besondere Ruhe und Zärtlichkeit mit. Ihr Gesicht ist voller Liebe, behutsam umschließen ihre Arme den geschundenen Leib. Maria birgt ihren Sohn in einem  grünen Mantel, die Farbe der Hoffnung.

Auf ihrer rechten Schulter sitzt eine Taube mit einem Ölzweig im Schnabel. Sie erinnert daran, wie es nach der Sintflut war: die Taube, die Noah aus der Arche fliegen ließ und die mit dem Ölzweig zurückkehrt. Sie wird eine Botin der Hoffnung, Botin von Frieden und Leben. Das Leben geht weiter. Gottes Bund mit den Menschen ist nicht zerbrochen. Das Leben darf neu beginnen.

Der Tod wird überwunden. Die beiden Totenschädel in der Felsspalte, erinnern an Adam und Eva. Wie durch die Sünde des Adam der Tod in die Welt gekommen ist, so kommt durch den Tod Jesu das Leben und die Vergebung in die Welt. Der Tod wird auch Adam und Eva herausgeben müssen.

Gottes Treue hört nicht auf. Seine Liebe bleibt und umschließt alle Geschundenen und Verfolgten. Gott stellt sich zu den Sterbenden und Geängstigten. Gott ist den Flüchtenden und Vertriebenen nahe. Er tröstet die Zweifelnden und Einsamen. Er heilt die Kranken und macht die Hungernden satt. Er vergibt den Schuldigen.

Es ist vollbracht!

Seien Sie behütet!

Ihre Pfrin. Birgit Winkler

 

Lied: O Haupt voll Blut und Wunden
O Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn,
o Haupt zum Spott gebunden mit einer Dornenkron,
o Haupt sonst schön gezieret mit höchster Ehr und Zier,
jetzt aber hoch schimpfieret: gegrüßet seist du mir!

 Ich will hier bei dir stehen, verachte mich doch nicht;
von dir will ich nicht gehen, wenn dir dein Herze bricht;
wenn dein Haupt wird erblassen im letzten Todesstoß,
alsdann will ich dich fassen in meinem Arm und Schoß.

Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir,
wenn ich den Tod soll leiden, so tritt du dann herfür;
wenn mir am allerbängsten wird um das Herze sein,
so reiß mich aus den Ängsten kraft deiner Angst und Pein.

Erscheine mir zum Schilde, zum Trost in meinem Tod,
und lass mich sehn dein Bilde in deiner Kreuzesnot.
Da will ich nach dir blicken, da will ich glaubensvoll
dich fest an mein Herz drücken.
Wer so stirbt, der stirbt wohl.