Der Glaube ist ein Vogel, der singt, auch wenn die Nacht noch dunkel ist – Andacht zum Sonntag Kantate
Ich weiß nicht, wie es Euch mit dem Singen geht, liebe Gemeinde, aber für mich hat das Singen immer eine befreiende Kraft.
Wenn ich als Kind allein in den dunklen, unheimlichen Keller musste, half mir das Singen über meine Angst hinweg. Es vertrieb die bedrohlichen Schatten, die in jeder Ecke lauerten und mich zu überwältigen drohten.
Im Singen bekam ich neuen Mut, spürte eine Kraft in mir, die mir half meine Angst zu bewältigen.
Singen, Musik hat Macht.
Wir erleben es in diesen Tagen ganz intensiv, welche Kraft Lieder haben: Balkonsingen, zum Abendläuten singt man sich über den Gartenzaun zu: Der Mond ist aufgegangen, digitale Musikstücke verschiedenster Coulour von Pop bis Klassik werden in den sozialen Medien geteilt und tausendfach angeklickt. Weil sie Hoffnung machen. Weil sie davon erzählen: Wir lassen uns nicht unterkriegen. Wir bleiben verbunden. Wir singen unsere Lieder gegen Angst, Krankheit, Tod, gegen Isolation, Einsamkeit und Verzweiflung. Haltet durch. Irgendwann wird auch das aufhören und dann singen wir das Lied vom Leben wieder neu und zusammen und hautnah.
Der Glaube ist ein Vogel, der singt, auch wenn die Nacht noch dunkel ist.“ So sagt es ein indisches Sprichwort.
Paul Gerhardt, der so wunderbare Lieder wie Du, meine Seele singe oder auch Geh aus mein Herz und suche Freud erfunden hat, hat um die Dunkelheiten des Lebens gewusst.
Er dichtet diese Lieder 1653, 5 Jahre nach dem Ende des 30jährigen Krieges. Er selbst war gerade 11 Jahre alt, als der Krieg ausbrach. Mit 12 Jahren verlor er seinen Vater, mit 14 Jahren seine Mutter. In seiner Ehe musste er mehrere Kinder zu Grabe tragen. Paul Gerhardt, der Leben und Sterben in enger Verbindung erlebt, kann sich auch nach 30 Jahren Krieg, nach Zerstörung, nach Toten und Verletzten, nach Not und Entbehrungen, noch an der Schönheit der Schöpfung erfreuen:
„Schau an“, fordert er uns auf: „Du, meine Seele singe“ lädt er uns ein: Hier sind die starken Kräfte, die unerschöpfte Macht; das weisen die Geschäfte, die seine Hand gemacht: der Himmel und die Erde mit ihrem ganzen Heer der Fisch unzählge Herde im großen wilden Meer.
Er erfreut sich an den Bäumen, die voller Laub stehen, an den blühenden Blumen, am Zwitschern der Vögel, die ihre Jungen speisen, an den Bienen, die Honig produzieren, am Getreide, das auf den Feldern wächst.
In allem, was die Natur uns zu bieten hat, sieht er viele Zeichen von Gottes Güte verborgen. Solange das alles noch wächst und gedeiht, gibt es in diesem irdischen Leben noch genug Grund zur Freude. All dies lässt hoffen, dass das Leben – auch angesichts der Not, der Kriegsfolgen und des Todes – dennoch weitergeht.
Denn er hat es so erfahren: Gott ist treu. Er hält das Leben in seiner gütigen Hand. Er nimmt sich der Schutzlosen und Gedemütigten an, Die Fremden beherbergt er, die Witwen und Waisen tröstet er, gerade die Kleinen und Schwachen sieht er, und reißt Menschen aus Kummer und Not.
Der Glaube ist ein Vogel, der singt, auch wenn die Nacht noch dunkel ist.“
Und manchmal öffnet sich gerade im Loben und Danken unser kleiner Horizont und wir erleben die Befreiung zu neuen Erfahrungen- Gotteserfahrungen. Lieder sind wie „Wurfanker“. An ihnen können wir uns nach vorne ziehen, dahin, wo wir noch gar nicht sind, den Vögeln gleich, die singen, wenn die Nacht noch dunkel ist. Von diesem Wunder lebt unser Glaube.
Möge sie in dieser Woche dieses Wunder erleben.
Bleiben Sie behütet!
Ihre Pfrin. Birgit Winkler
Du meine Seele singe, wohlauf und singe schön
dem, welchem alle Dinge zu Dienst und Willen stehn.
Ich will den Herren droben hier preisen auf der Erd;
ich will ihn herzlich loben, so lang ich leben wird.
(Paul Gerhardt 1653)
Gottesdienst in Corona Zeiten
Ab Sonntag Kantate, am 10.5. haben wir wieder einen Gottesdienst mit Einschränkungen.
Die Einschränkungen ergeben sich aus den Mindestabstand und der Mundschutz Pflicht.
- max. 35 Personen in der Kirche – soviele lässt die Abstandsregel zu. Wir dürfen ab 35 Teilnehmern leider keine Person mehr einlassen.
- Die Sitzplätze sind gekennzeichnet, Familien dürfen zusammensitzen.
- Auch während des Gottesdienstes muss der Mundschutz getragen werden. Bitte den eigenen mitbringen, wir haben auch Masken verfügbar.
- Es gibt Orgelmusik, aber keinen Gesang. Wer für sich singen möchte, bitte das eigene Gesangbuch mitbringen
- Bitte beim Eintreten und Verlassen der Kirche Abstand halten und in Ruhe abwarten.
- Die Kollekte wird am Ausgang in Körbchen gesammelt, ein Klingelbeutel darf nicht verwendet werden
- Das Abendmahl wird vorerst nicht gefeiert
- Ein Gottesdienst im Freien darf max. 50 Teilnehmer haben
Hier können sie das Hygienekonzept für Gottesdienste herunterladen.
Familien Godi am 10.5. entfällt
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Andacht für Sonntag Jubilate
Herzlichen Willkommen heute am Sonntag Jubilate.
Ihr ahnt es schon, worum es heute geht: um den Weinstock.
Vor einem Jahr haben unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden Weinstöcke bekommen.
Ich sehe sie noch, wie sie vorne am Altar stehen – ein ganzer Weinberg voll wogendem Grün. Schön war das, so frisch und hoffnungsvoll. Letzten Sonntag hätten sie Konfirmation gehabt, nächsten Sonntag wäre Jubelkonfirmation geplant gewesen. Ich finde das so unglaublich schade und traurig, dass wir diese Feste nicht feiern können und verschieben müssen. So vieles kann nicht stattfinden: Chöre, Seniorennachmittage, Freizeiten; Gottesdienste sind nun ja wieder möglich, aber mit großen Einschränkungen, mit Mundschutz, ohne Abendmahl, richtige Freude über die ersten zaghaften Erleichterungen mag sich da bei mir nicht einstellen.
Und ich spüre, wie die Freude des Sonntags Jubilate mir nicht so recht über die Lippen kommen will. Ich fühle mich ehr kraftlos und fruchtlos.
Und dann schau ich diesen Weinstock hier an. Alt ist er, schon ganz verholzt und knorrig und doch: er treibt erstes Grün. Die Blätter, vor kurzem noch nicht zu sehen, entfalten sich, und es werden auch heuer wieder Reben wachsen, Trauben reifen dürfen und auch dieser alte, knorrige Weinstock wird Frucht bringen.
Jesus vergleicht sich mit einem Weinstock wenn er sagt: Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben; wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringet viel Frucht. (Johannesevangelium, Kapitel 15,Vers 5)
Und er sagt dies seinen Jüngern zu, auch nicht an einem Jubeltag, sondern an einem Tag, als er die Jünger auf seinen Abschied vorbereitet. „Wenn ich weggehe, dann bleibt zusammen“, sagt er. „Geht nicht auseinander, sonst wird eure Botschaft kraftlos und alles, wofür ich gelebt habe und gestorben bin, wird verdorren. Nein, bleibt verbunden mit mir und untereinander, damit das Leben weitergeht. Damit die frohe Botschaft sich ausbreitet, Menschen inspiriert und Frucht bringt.“
Eigentlich ganz einfach: Dranbleiben, verbunden bleiben mit dem Weinstock und mit den anderen Reben. Ein schönes Bild. Wir, die Reben werden alle durchströmt mit der Lebenskraft, die der Weinstock seinen Reben schenkt, ganz selbstverständlich, ganz automatisch geschieht das. Wenn die Reben mit dem Weinstock verbunden sind, werden sie versorgt mit allem, was sie zum Leben brauchen. Verbunden mit Christus wächst auch uns das zu, was wir zum Leben brauchen: Widerstandskraft, die Fähigkeit zu lieben, zu verzeihen, die Lebensfreude, der Mut, die Geduld, auch Zeiten der Dürre auszuhalten. Verbunden mit dem Weinstock werden die Reben die Kraft bekommen, die sie brauchen. Verbunden zu bleiben mit dem auferstanden Christus, im Hören auf sein Wort, im Gebet, in der Stille, im Gespräch mit anderen, das wird etwas mit uns machen, das wird uns verändern, ganz selbstverständlich, das geht gar nicht anders.
Und das macht mir bewusst, ich bin nicht die einzige Rebe am Weinstock des Herrn. Die Reben sind untereinander verbunden. Wir merken in diesen Tagen wie wichtig es ist, die Verbundenheit aufrecht zu erhalten mit den Menschen, die uns brauchen, die wir lieben, die auf uns angewiesen sind, oder auf die wir angewiesen sind. Wir Menschen brauchen einander, wir brauchen die Gemeinschaft. Wir können alleine nicht überleben.
Wie groß wird die Freude sein, wenn wir dann wirklich wieder miteinander an einem Tisch sitzen dürfen. Wenn wir das Fest des Lebens feiern dürfen und vom Wein der Freude trinken dürfen, der niemals zu Neige geht.
Gehen Sie behütet in die neue Woche!
Ihre Pfrin. Birgit Winkler
Lied: Ich bin der Weinstock (KAA Nr. 076)
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben,
Früchte könnt ihr bringen nur durch mich.
Wenn ihr in mir bleibt, schenk ich euch Leben.
Meine treuen Jünger segne ich.
Und die Früchte, die wir bringen,
sollen unsere Taten sein:
Helfen und teilen, gut sein und trösten
können wir mit Jesus nur allein.
Wer nicht in mir bleibt, kann nichts vollbringen,
keine gute Tat, kein gutes Wort.
So wie die Rebe ohne den Weinstock
keine Früchte bringt und dann verdorrt.
Wenn ihr in mir bleibt, habt ihr das Leben.
Bittet, worum immer ihr auch wollt.
Dann wird mein Vater euch alles geben,
dass ihr seine Huld erfahren sollt
Der gute Hirte – Andacht zum Sonntag Miserikordias Domini
Es gibt so viele Bilder für Gott: Gott als Licht, als Burg, als Mutter oder Vater, als Glucke, die ihre Küken unter ihren Flügeln birgt. Ein Bild hat für mich eine ganz besondere Kraft, zu trösten. Das ist das Bild, das unser heutiger Sonntag in den Blick nimmt: Das Bild des guten Hirten.
Ein Bild, das mich von früher Kindheit an begleitet. Gott als Hirte, der für seine ihm anvertrauten Schafe sorgt. Der sie zu grüner Weide führt. Der darauf bedacht ist, dass sie satt werden an Leib und Seele. Der sie beschützt vor wilden Tieren, vor Feinden, die ihnen schaden wollen. Der in den Härten des Lebens bei ihnen ausharrt. Bei Wind und Wetter, in Sturm und Regen, in Hitze und Dürre. Der sich kümmert, wenn eines krank wird. Und der alles unternimmt, um ein Schaf, das sich verlaufen hat, wieder zurückzuholen.
Das Bild des Hirten, der sein Schäfchen in seinem Arm birgt, erzählt mir von Gott, der mich genauso in seinen Arm beschützt und bewahrt in Zeit und Ewigkeit.
Und es berührt mich immer wieder neu. Der Psalm 23 beschreibt genau diese Erfahrung von Geborgenheit, Schutz und Vertrauen in wunderbaren Worten:
Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Wie oft haben wir diesen Psalm gebetet: An Geburtstagen voller Dankbarkeit, dass Gott mich bewahrt hat auf dem Weg durchs Leben: Er weidet mich auf grüner Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele.
An Krankenbetten ringend um dem Trost dieser Worte: Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück, denn bist du bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
Wenn ich mich verlaufen hab, meinen Weg verloren, nicht weiß, wie es weitergehen soll: Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und das Vertrauen wächst: Gott wird mir einen neuen Weg zeigen, den ich gehen kann.
In Situationen, in denen ich mich von Feinden umgeben erfahre, gemobbt, kleingemacht, ausgegrenzt: Du breitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde, du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Und ich atme auf. Erhebe mein Haupt. Spüre meine Würde. Und fühle mich liebevoll angeschaut und berührt.
An Sterbebetten, am Grab: Als Worte, die einen neuen Horizont eröffnen und ich in der Tiefe spüre, dass es stimmt: Mir kann nichts Schlimmes geschehen: Denn ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.
Mögt Ihr dies auch erfahren, dass ihr behütet und bewahrt seid vom guten Hirten in Zeit und Ewigkeit.
Eure Pfrin. Birgit Winkler
Psalm 23
Der HERR ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele.
Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,
fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir,
dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch
im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl
und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.